© Heike Arnold

Die Bürgermeister der Altgemeinde Pauluszell

Peter Käser aus Binabiburg hat im Rahmen seiner Forschungsarbeiten für das neue Heimatbuch der Gemeinde Wurmsham intensive Nachforschungen zu den Vorstehern und Bürgermeistern der Altgemeinde Pauluszell und der Gemeinde Wurmsham angestellt.

Die heutige Gemeinde Wurmsham besteht seit der Gemeinde-Verwaltungsreform, ab dem 1. Mai 1978 aus den Altgemeinden Pauluszell und Wurmsham. Nach dem Zusammenschluss führte Franz Limmer, ehemals Bürgermeister von Pauluszell, die „neue“ Gemeinde Wurmsham bis zum 30. April 1990. Somit war er von 1978 bis 1990 Bürgermeister der Gemeinde Wurmsham und vom 29. August 1965 - nach dem überraschenden Tod von Bürgermeister Josef Kölbl - bis zur Gemeindezusammenlegung am 1. Mai 1978, Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell.

Gründung der Gemeinden

Nach der Säkularisation im Jahr 1803 und der Verwaltungs-Erneuerung durch Staatsminister Montgelas, wurde im Jahr 1808 die erste bayerische Vermessung eingeleitet, auf deren Grundlage anschließend die ersten Haus- und Hofkataster angelegt werden konnten. Dies geschieht in den schon 1820 genannten Distrikten Wurmsham, Münster und Pauluszell im Jahr 1843.

Dem ging auf kommunaler Ebene eine Aufteilung in Gemeinden voraus. Warum Münster letztendlich keine eigene Gemeinde, und mit dem Steuerbezirk Pauluszell vereint wurde, geht aus dem Gemeindeedikt vom 28. Juli 1808 hervor, dass „jede Gemeinde einen für sich bestehenden Körper bilden muß, der in allen politischen, finanziellen, ökonomischen, kirchlichen und Unterrichtsgegenständen einer eigenen gemeinsamen Verwaltung empfänglich sei“. Als Maximum einer Dorfgemeinde sollen 1.000, als Minimum 250 Seelen gelten. Darum wurde der doch zu kleine Steuerbezirk Münster mit dem Steuerbezirk Pauluszell, mit dem Gemeindenamen „Ruralgemeinde Pauluszell“ zusammengelegt. Pauluszell und Münster erhielten je eigene Hausnummern: Pauluszell hatte die Hausnummern 1 bis 90; Münster mit Gifthal die Hausnummern 1 bis 100 zu vergeben.

Das Oberhaupt der Gemeinde wurde mit dem Edikt vom 17. Mai 1818 geregelt. Darin wurden Vorsteher und Vorstände in den Distriktgemeinden aufgestellt. Erstmals ging man aufgrund einer Regierungsentscheidung vom 22.07.1869 daran Bürgermeistereien und Gemeinderäte auch für Landgemeinden zu bilden. Sie lösten den Gemeindevorsteher und den Gemeindeausschuss ab. Die Bürgermeister erhielten eine Medaille am weisblauen Band, die neuen „Dienstzeichen der Bürgermeister in Gemeinden mit Landgemeinde-Verfassung“. Die Instruktionen der Gemeindebildung vom 13. Mai 1808 waren in den Distrikten noch nicht umgesetzt. Oberstes Ziel der Einteilung in Steuerdistrikte war die beste Lage der Gemeinden zueinander, und die Gemeindeteile zum Zentrum der Pfarr- und Schulorte. Dennoch waren 1817 schon für jeden Distrikt „Gemeindevorsteher“ aufgestellt, welche die Aufsicht über die „Gemein“ hatten. Von oberster Stelle wird sich in die Gemeindeangelegenheiten nicht eingemischt, es sei, eine polizeiliche Verfügung ist erforderlich. 1818/20 sind im Landgericht Vilsbiburg 44 Gemeinden nachgewiesen, mit den dort verzeichneten Gemeindesitzen. Das „Tabellarische Verzeichnis der Steuerdistrikte im Isarkreis“ vom 28. November 1811 im Landgericht Vilsbiburg nennt den Steuerdistrikt Nr. 22 Münster mit vier Dörfer und 16 Einöden; den Steuerdistrikt Nr. 24 Pauluszell mit einem Dorf, acht Weiler und 31 Einöden. 1822 war im Landgericht Vilsbiburg die Gemeindebildung abgeschlossen. Alle 44 Gemeinden seit 1828, bestanden bis zum freiwilligen Gemeindezusammenschluss im Zuge der Gebietsreform im Jahr 1972/78. Nach dem ältesten Steuerkataster von 1818 wurden auch einige Weiler und Einöden dem Distrikt Münster zugeschrieben, die aber nach 1818 dann bei der Gemeinde Pauluszell waren: Bockstatt, Christlberg, Eglsreit, Gifthal, Hasenreit, Hasl, Hobmannsberg, Holmannsberg, Kamhub, Kleinvohberg, Kneisting, Niederalting, Niklashaag, Übl, Unterbreitenau, Unterrammelsberg, Vielhub, Vohburg und Winkl.

Vorsteher und Bürgermeister

Für die Steuergemeinde Pauluszell bestätigt den zum 4. Juli 1843 abgeschlossenen Urkataster der Gemeindevorsteher Simon Waldinger, „Mirtlbauer“ von Unterbreitenau. Ein Schriftstück vom 31. Juli 1856 nennt einen Holzner als Gemeindevorstand; darauf ist ein Amtsstempel: „Verwaltung der Landgemeinde Pauluszell“. 1867 nennt sich der Gemeindevorstand Sadlstädter. Das Gemeindewahlergebnis vom November 1881 nennt als Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell, Franz Xaver Breiteneicher, Bauer von Mitteralting. Beigeordneter ist Anton Werner, Schneider von Söllastock. 1887 wird wiederum Breiteneicher zum Bürgermeister gewählt, Beigeordneter ist Hingerl Bartholomäus, Bauer von Hobmannsberg. Bei der Gemeindewahl 1893 wird Sebastian Englbrecht, Bauer in Asang, Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell; Beigeordneter ist Antholzer Xaver, Bauer von Münster; ebenso bei der Gemeindewahl 1899. Das Gemeindesiegel trägt die Umschrift: „Koenigreich Bayern - Gemeinde Pauluszell“, und das bayerische Wappen. Xaver Antholzer aus Münster, zum „Prez“ war Bürgermeister von 1905 bis 1911; er war der Urgroßvater der heutigen Bürgermeisterin Maria Neudecker. In die Zeit des I. Weltkrieges fällt die Amtszeit von Bürgermeister Georg Meier, „Filserbauer“ von Gifthal, von 1911 bis 1929. Am 14. Juni 1943 ist der Altbürgermeister und Kaufmann Franz Xaver Breiteneicher im 76. Lebensjahr in Pauluszell verstorben. Von 1929 bis 1939 war er Bürgermeister. Breiteneicher besaß die Krämerei und Gemischtwarenhandlung im Dorf, beim Treppenaufgang zur Pfarrkirche. Zunehmend militärischer und eine bestimmte Richtung, bestimmten den Alltag ab dem Jahr 1933. Entsprechend der neuen Gemeindeordnung vom 1. April 1935 wurden in Folge des Gleichschaltungsgesetzes die Land-, Kreis- und Bezirkstage, sowie die Gemeinderäte aufgelöst und neu gebildet. Die Deutsche Gemeindeordnung sah einen „Beauftragten der Kreisleitung für Gemeindepolitik“ vor. Bürgermeister und Gemeinderäte wurden ernannt, und nicht mehr gewählt. Sebastian Gruber war in der Zeit des II. Weltkrieges, von 1939 bis 1945 Bürgermeister. Auf dem „Martlhof“ in Weiher bei Pauluszell ist er aufgewachsen. 1919 wurde er in den Gemeinderat Pauluszell gewählt und zum 2. Bürgermeister bestimmt. 20 Jahre versah er diesen Dienst. 1954 verkaufte der den „Martlhof“ und übernahm das landwirtschaftliche Anwesen mit Gemischtwarenhandlung der verstorbenen Schwester Babette Breiteneicher in Pauluszell. Gruber war Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell bis zum Einmarsch der Alliierten Truppen im April/Mai 1945.

Durch Gesetz Nr. 31 vom 18. November 1945 wurde für den Freistaat Bayern eine neue provisorische Gemeindeordnung erlassen. Die Amtszeit der Gemeinderäte und Bürgermeister wurde auf zwei Jahre festgelegt. Bis zur ersten Gemeinde-Neuwahl 1946 war der Schmiedemeister Matthäus Seisenberger 1. Bürgermeister. Am Sonntag den 27. Januar 1946 fanden die ersten Kommunalwahlen in allen bayerischen Gemeinden seit 1929 statt, „und zwar in Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern“ der amerikanischen Besatzungszone und damit auch in der Gemeinde Pauluszell. Wahlberechtigt waren 439 Bürger; zum I. Bürgermeister wurde Josef Kölbl gewählt. Kölbl war Bauer in Zellbach. Bürgermeister war er von 1946 bis zu seinem jähen, unvorhersehbaren Tod am 10. Juni 1965, mit 55 Jahren. Unter diesen Umständen wurde am 29. August 1965 Franz Limmer zum I. Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell gewählt.

Gemeindezusammenlegung

Nun begann das große Werk einer Landkreis- und Gemeindegebietsreform, welche 1972 bzw. 1978 ihren Abschluß gefunden hat. Schon am 4. April 1971 war eine Bürgerversammlung wegen der Umsetzung der Gemeinde-Gebietsreform – „Die erforderlichen Beschlüsse für die Gebietsreform müssen bis zum 1. Januar 1976 gefaßt sein!“ Zum 1. Januar 1976 wird die Gemeinde Ruprechtsberg aufgelöst und der größte Teil in den Markt Velden eingegliedert. Das Restgebiet mit den Gemeindeteilen Eggersdorfen, Geiern, Loh und Reit werden der Gemeinde Pauluszell zugeordnet. Im April 1976 wird die Verwaltungsgemeinschaft Velden gegründet. Es war aber der verständliche Wunsch einer Eigenständigkeit kleinerer Gemeinden, in Verbindung mit einer leistungsfähigen Verwaltung.

Endgültig – Gemeinde Wurmsham

„Heißes Eisen – Dicke Luft“; „Wir haben in aller Schärfe diskutiert; zerstritten haben wir uns aber nicht“. Letztendlich war es eine „Zweckheirat in Freundschaft“ – welche durch eine Entscheidung der Regierung von Niederbayern gefällt wurde. Die Gemeinden Wurmsham und Pauluszell wurden zum 1. Mai 1978 eine neue selbstständige Gemeinde als Gliedgemeinde der Verwaltungsgemeinde Velden. Die neue Gemeinde wird den Namen „Wurmsham“ tragen – lautete der Entscheidung der Regierung von Niederbayern. Nach Inkrafttreten der Gebietsreform gab es 35 Bürgermeister in 12 Einheitsgemeinden, und acht Verwaltungsgemeinschaften mit 23 Gliedgemeinden im Landkreis. Erster Bürgermeister der „neuen“ Gemeinde war Franz Limmer, ehemals Bürgermeister der Gemeinde Pauluszell, und dies von 1978 bis 1990. Seit dem 1. Mai 1990 ist Hans Tiefenbeck - drei Wahlperioden - bis 2008 Bürgermeister der Gemeinde Wurmsham. Am 2. März 2008 war Kommunalwahl - Johann Tiefenbeck ist nicht mehr angetreten. Am 1. Mai 2008 wurde Maria Neudecker die Bürgermeisterwürde der Gemeinde Wurmsham übertragen – mit Amtskette und den Schlüsseln der gemeindlichen Einrichtungen. Stellvertreter sind Bürgermeister Jakob Limmer und Siegfried Müller.

Seit etwa 200 Jahre wird die „Gemein“ - die dörfliche Gemeinschaft, durch Vorsteher und Bürgermeister vertreten. Viele Stationen der Entwicklung mussten durchlaufen werden. Die Vielfalt der kommunalen Aufgaben nimmt rasant zu. Trotz dem Zusammenschluss zu einer Verwaltungsgemeinschaft, werden viele kommunale Aufgaben in Eigenständigkeit erledigt. Die Vorsteher und Bürgermeister waren seit jeher die Repräsentanten ihrer Heimatgemeinde in vielfältigsten Aufgabenbereichen.